Gedichte von Jens Baggesen mit Widmung an die Kronprinzessin Marie Sophie Frederikke, 1803

Die dänischen Könige herrschten bis zu den Schleswigschen Kriegen im 19. Jahrhundert über zahlreiche Völker. Einige der Untertanen sprachen Isländisch oder Färöisch, einige Grönländisch, andere Tamilisch oder Kreolisch, bis zum Verlust Norwegens 1814 auch Norwegisch, und ein recht hoher Anteil, vor allem in Schleswig und Holstein, sprach Deutsch. Deutsch war zusammen mit Französisch die führende Kultursprache jener Zeit, weshalb es logisch war, dass sich ein Teil des dänischen Kulturlebens auf Deutsch entfaltete und viele der kulturellen Kontakte deutsch waren. Außerdem waren mehrere der führenden Adelsfamilien – u. a. die Schimmelmanns, Reventlows, Bernstorffs und Moltkes – von deutschem oder holsteinischem Adel und viele Mitglieder des Königshauses waren deutscher Herkunft. Das galt auch für die dänische Königin während des größten Teils des Goldenen Zeitalters, Marie Sophie Frederikke, deren Eltern der Landgraf Carl von Hessen-Kassel und Louise, die Tochter von Frederik V., waren. Seit 1790, als sie dänische Kronprinzessin wurde, stand sie im Zentrum des schriftstellerischen Interesses.

In der Handbibliothek I.M. der Königin gibt es noch immer viele Bücher, die ihr gehörten, und viele, die ihr von Schriftstellern gewidmet wurden. Die meisten sind deutschsprachig. Das gilt auch für die vornehm eingebundene zweibändige Ausgabe der Gedichte von Jens Baggesen, einem der großen Dichter des frühen Goldenen Zeitalters. Sie ist auf Deutsch, da Baggesen zum einen die Sprache meisterte und zum anderen eine große Leserschaft in Deutschland hatte. Baggesens deutsche Gedichte, die als eine selbstverständliche Widerspiegelung seines umfassenden Netzwerks innerhalb der deutschen Kulturelite zu sehen sind, wo er Bekanntschaften mit Philosophen und Dichtern wie Friedrich Schiller, Friedrich Gottlieb Klopstock, Matthias Claudius, Johan Gottfried Herder und Johann Gottlieb Fichte pflegte, wurden ihm in der nationalistischen Literaturkritik des 19. Jahrhunderts vorgeworfen und dazu benutzt, sein Werk abzuwerten.

Bildunterschrift:
Jens Baggesen, Gedichte, Hamburg, 1803. Die Widmung, die in all ihrer Schlichtheit groß auf dem Vorsatzblatt prangt, lautet: ”An Ihro Königlichen Hoheit MARIA, Kronprinzessin von Dännemark. d. 31 July 1806 – unterthänigst von J. Baggesen.” Es folgt ein zweiseitiges Huldigungsgedicht an die Kronprinzessin, dessen erste Strophe lautet: ”Erste, beste, holdeste der Frauen, / Engelin, des Friedensengels Lust, / Deren Blick von ferne nur zu schauen, / Sänftiget den schmerz in jeder Brust,”